Umsatzwachstum – der Schlüssel zum Erfolg? (12)

Das Thema dieser Artikels ist der Umsatz bzw. das Umsatzwachstum.

Dazu werde ich zunächst darauf eingehen, wo wir die Umsatzzahlen im Geschäftsbericht finden.

Darauf basierend werden wir die Umsatzwachstumsrate ganz konkret anhand der 72er Regel an einem Beispiel berechnen, in diesem Fall am Beispiel des Unternehmens Visa.

Und ich werde darauf eingehen, warum der Umsatz allein kein Kriterium ist, um die Qualität eines Unternehmens zu beurteilen.

Wo findest Du die Umsatzzahlen?

Um nun das Umsatzwachstum zu berechnen, brauchen wir zunächst mal die Umsatzzahlen.

Die zu finden ist relativ einfach. Du nimmst das Income Statement im Geschäftsbericht und findest als allererste Zahl oben die Umsatzerlöse.

Am Beispiel von Visa, mit einem englischsprachigen Geschäftsbericht nach dem 10-k Format, sind die Zahlen als Revenue oder Sales bezeichnet. Hier ist übrigens das Income-Statement aufgeteilt in

  • das Statement of operations und
  • das Statement of income.

Trotz aller Standardisierungen, solche Varianten gibt es. Aber davon gibt es nicht allzu viele, bzw. die kennt man irgendwann. In meiner Online-Bibliothek zeige ich Dir auch immer mehrere Varianten, damit Du einfach zum Ziel kommst.

Du siehst, dass in jedem Geschäftsbericht die Zahlen mehrerer Jahre angegeben sind. Um jetzt die Zahlen der letzten zehn Jahre zu finden, öffnest du mehrere Geschäftsberichte.

Für einen ersten Check ist sicher auch ein Anbieter wie Yahoo Finance oder ähnliches ok. Aber für Deine finale Entscheidung und für das Verständnis möchte ich Dir ans Herz legen, nutze die Geschäftsberichte.

Das hier ist keine Anlageberatung. Auch wenn ich hier positiv oder negativ über gewisse Investitionen oder Unternehmen rede, das dient alles der Wissensvermittlung und hoffentlich auch der Unterhaltung. Bitte prüfe immer, bevor du investierst.

Den Visa Geschäftsbericht

findest Du bei Investor Relations, also unter  investor.visa.com.

Dort kannst Du unter „annual report“ eine fürs Web aufbereitete Version lesen, unter Download findest Du aber die Version auch zum Herunterladen.

Für Kommentare, Anmerkungen, Hervorhebungen ist das heruntergeladene PDF immer die erste Wahl bei mir.

Alternativ findest Du auch einen Link zu „SEC Filings“, also zu den Dokumenten, die der amerikanischen Börsenaufsicht übermittelt wurden.

Annual Report oder 10k

Der Unterschied zwischen den Dokumenten ist nur das „Lametta“, dass im annual report dem offiziellen Teil vorangestellt wird.

Dort findest du meist nette Präsentation und Selbstbeweihräucherungen. Für uns ausschließlich interessant ist der Brief der Geschäftsführung. Der Rest ist Prosa und nicht offiziell, lass dich davon nicht ablenken.

Das Umsatzwachstum

Erstelle Dir eine Tabelle, am besten in Deinem Investmenttagebuch von Hand, dann verinnerlichst du die Zahlen.

Und dann berechne für alle Umsätze, vom letzten ausgehend, die Wachstumsraten.

Visa hatte im Geschäftsjahr, das im September 2022 endete, 29,3 Milliarden Umsatz.

Wann hatten wir ungefähr die Hälfte davon?

Gehen wir zurück bis 2016. Da waren es ungefähr 15,1 Milliarden. Das ist jetzt nicht ganz die Hälfte, aber wie immer, lieber ungefähr richtig als präzise falsch.

Von 2016 bis 2022, in den sechs Jahren ist der Umsatz im Mittel pro Jahr um 12% gewachsen. 72 durch 6 sind 12 Prozent. 

Dann schaust du dir an, wann war der Umsatz von 2021 zur Hälfte erreicht.

2021 betrug der Umsatz 24,1 Milliarden und die Hälfte hatten wir so Pi mal Daumen. 
2013 mit 11,8 Milliarden, das passt so ungefähr. 
2014 mit 12,7 Milliarden wäre vielleicht schon ein wenig darüber hinaus geschossen. 
Berechnen wir einfach mal beide. 

2013 bis 2021 sind 8 Jahre, also ein Umsatzwachstum pro Jahr von 72 durch 8 = 9 Prozent. 
2014 bis 2021 wären 7 Jahre, entsprechend 72 durch 7 sind Pi mal Daumen 10%. 

Das kannst du weitermachen, ich habe es jetzt in der Tabelle dann entsprechend bis 2013 gemacht und dann stellen wir fest, dass es so im Mittel 12% sind. Wie immer mit einem ganz dicken Daumen.

Was lernen wir aus dem Umsatzwachstum?

Vor allem sehen wir, dass diese Zahl mehr oder weniger konstant ist.

Das ist schon ein schönes Ergebnis mit wenig Schwankungen.

Klar, 2020/2021 … da muss man mit Corona schon sehen, dass man nicht alles auf die Goldwaage legt.

Aber im Durchschnitt können wir sagen, dass Visa ein Umsatzwachstum hat, das so um die 12 Prozent pro Jahr liegt.

Das ist schon eine sehr respektable Zahl.

Trotzdem ist es wichtig, ja, es geht nicht nur um den Umsatz und es geht nicht nur um die Vergangenheit. Aber wir wissen, 12 Prozent mittleres Wachstum. Das ist schon eine gute Zahl.

Ist der Umsatz verlässlich für das Wachstum eines Unternehmens?

Umsatz ist nicht alles, was ein Unternehmen wachsen lässt.
Effizienzsteigerungen sind natürlich das eine. Da steckt ein ganz großer Hebel dahinter.
Aber ohne Umsatz ist irgendwie alles nichts.
Auf der anderen Seite ist es auch wichtig, dass wir den Umsatz nicht überbewerten.
Denn der Umsatz allein kann natürlich auch, ich sage mal „manipuliert“ werden, zumindest geschönt, wenn es dem Management, dem CEO darum geht, bestimmte Ergebnisse zu erzielen, einen bestimmten Eindruck am Markt zu hinterlassen. Gerne auch gekoppelt mit den eigenen Incentives, also der Vergütung.

Und ganz einfach kann man sich natürlich vorstellen, wenn Rabatte gegeben werden, dann kann man natürlich den Umsatz nach oben treiben, weil ich mehr verkaufe, wenn ich das Zeug verramsche.
Dann mache ich natürlich unter Umständen gar keinen Gewinn mehr.

Allerdings kann man auch, wenn man das über Wiederverkäufer macht, diese dazu bringen, ihre Lagerbestände zu erhöhen.
Gegebenenfalls auch wieder über Rabatte.
Dann sieht es so aus, als wäre mehr verkauft worden, zumindest in den Umsatzzahlen.
Aber de facto liegt die Ware dann bei den Lieferanten auf Lager oder bei den Händlern.
Das heißt, eines Tages rächt sich das natürlich, aber für das Geschäftsjahr sieht es erst einmal gut aus.
Also Umsatz ist eine wichtige Zahl, aber Umsatz allein macht nicht glücklich.
Deshalb werden wir uns in den nächsten Folgen auch andere Wachstumsgrößen anschauen.

Zusammenfassung

Im Income/Operations-Statement findest du die Umsatzzahlen eines Unternehmens. Daraus kannst du mithilfe der 72er-Regel das jährliche Wachstum berechnen.

Schaust du dir das über mehrere Jahre an, erhältst du einen guten Eindruck von

  • dem mittleren Umsatzwachstum und
  • den Schwankungen des Wachstums.

Wichtig ist immer, der Umsatz allein sagt erst einmal wenig über die Qualität eines Unternehmens aus, das ist eine leicht „optimierbare“ Größe.

Deshalb schauen wir in den nächsten Episoden auf weitere Kennzahlen.

Bis dahin

Dein

Mitch


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