Lernen aus Entscheidungen (18)

Aus Entscheidungen lernen, das ist die Idee hinter Peter Druckers Feedback-Analyse.

In seinem Büchlein „Managing Oneself: The Key to Success“ hat er die Methode beschrieben, die gut zu meinem Investmentstil und dem von mir so favorisierten Investmenttagebuch passt.

Die passt gut zu meinem Investmentstil und vielleicht interessiert dich das auch.

Die Feedback-Analyse, oder Rückkopplungsanalyse, beschreibt den folgenden Zyklus:

  1. Wir definieren die Gründe für eine Entscheidung.
  2. Wir beschreiben die Erwartung für die Zukunft auf Basis dieser Entscheidung.
  3. Wir treffen die Entscheidung und führen sie aus.
  4. Wir warten ab.
  5. Wir evaluieren, ob unsere Erwartungen erfüllt wurden und
  6. welche Annahmen falsch/richtig waren und was wir daraus lernen können fürs nächste Mal.

Die Idee ist, wenn wir eine Entscheidung treffen, nicht nur zu überlegen, warum mache ich etwas. Das aufzuschreiben ist natürlich, ich sage nur Stichwort Investmenttagebuch, schon eine gute Idee.

Wir ergänzen das um die Erwartung des Ergebnisses. Was erwarte ich, was aufgrund meiner Entscheidung passiert?

Im Nachhinein schaue ich mir an, was ist eigentlich aus dieser Entscheidung geworden?

Ist das eingetreten, was ich erwartet habe oder nicht?

Und was kann ich daraus lernen?

Also ein Regelkreis:

In der Gegenwart treffe ich eine Entscheidung aufgrund von Annahmen und mache eine Prognose in die Zukunft.

In der Zukunft mache ich einen Rückblick, schaue mir an, was ist jetzt tatsächlich das Ergebnis und was kann ich daraus lernen, über meinen Entscheidungsprozess.

Mittlerweile hast du wahrscheinlich gemerkt, dass ich ein riesengroßer Freund des Investmenttagebuchs bin. Aufschreiben, was waren meine Ideen, Überzeugungen, meine Meinung zu dem Zeitpunkt, als ich mir dieses Unternehmen angeschaut habe. Als ich die Entscheidung getroffen habe, kaufe ich das oder kaufe ich das jetzt nicht.

Diese Prognosen, die ich damit treffe.

Die ich in der Zukunft auf meine richtigen und falschen Annahmen hin untersuche und daraus etwas lerne, das ist das Prinzip hinter der Feedback-Analyse.

Aber damit das Ganze jetzt nicht so nebulös und komplett theoretisch wird, möchte ich drei Beispiele besprechen.

## Beispiele

Charlie Munger kopieren bei Alibaba: Eine gute Idee?

Der Kurs der Alibaba-Aktie ist vor einiger Zeit deutlich eingebrochen. In der Investmentszene war das Thema Nummer Eins.

Nicht zuletzt, weil Charlie Munger, der Kompagnon von Warren Buffett, im großen Stil eingestiegen ist.

Und als der Kurs noch weiter fiel, hat Charlie Munger noch einmal richtig zugeschlagen, double down, also noch mal richtig nachgekauft.

Jetzt konnte eine Hypothese sein: Charlie Munger kopieren ist sinnvoll, später wird der Kurs steigen, weil Charlie wird schon recht haben.

Bis heute ist das nicht eingetreten. Das kann natürlich jetzt zu früh sein, an allen möglichen Gründen liegen …

Und trotzdem kann man was daraus lernen.

Charlie Munger hat später die Hälfte seiner Anteile an Alibaba verkauft.

Jetzt stehst du da mit deinem kurzen Hemd, hast Charlie Munger kopiert und stellst fest, ja, der hat jetzt halb verkauft. Verkaufe ich jetzt auch halb? Verkaufe ich es jetzt ganz, mit einem ordentlichen Verlust?

Beim Verluste realisieren ist Kopieren auf einmal nicht so cool.

Behalte ich die Aktien, weil ich es besser weiß oder aus Prinzip Hoffnung?

Man kann jetzt zum Beispiel im Nachhinein daraus lernen, meine Erwartung war, ich kopiere das und damit habe ich eine ganz einfache Investition und ich merke, kopieren war in diesem Fall definitiv nichts, was einen ruhigen Schlaf beschert.

Die Annahme habe ich damals vielleicht nicht einmal explizit formuliert. Und trotzdem war das ja die Motivation dahinter – das Investment ist „sicher“, weil ein großer Investor das vormacht. Allein durch das Hinterfragen und zurückschauen, lernen wir also viel.

Flughäfen während Corona und danach

März 2020 ist durch Corona der Aktienkurs fast jedes Unternehmens eingebrochen.

Besonders betroffen war aber durch die Lockdowns die Reisebranche. Und da natürlich auch die Flughäfen.

Jetzt könnte man die Entscheidung treffen, in einen Flughafen zu investieren wie Flughafen Wien AG, Aeroports de Paris …

Man könnte jetzt, vorausgesetzt man hat nach meinen Kriterien ein solides Unternehmen, die Hypothese aufstellen, die Umsätze brechen jetzt während Corona ein, aber nach Corona werden die Leute wieder fliegen.

Und vielleicht gibt es sogar einen gewissen Nachholeffekt.

Das heißt, die Erwartung wäre: Die Umsätze werden nach Corona steigen, die Preise werden durch die Decke gehen.

Das ist ein schönes Ereignis, da kann man Geld verdienen.

Ein gutes Unternehmen vorausgesetzt, wird diese plötzlich billig angeboten.

Und dann haben wir sogar eine Hypothese, wie es passieren kann, dass die Dinger uns relativ schnell über einen Zeitraum von ein, zwei Jahren richtig Geld einbringen kann.

Jetzt, zwei Jahre später, können wir einen Rückblick machen.

Und wenn man sich den einen oder anderen Flughafen anschaut, dann stellt man fest, ja, die Umsätze sind zurückgekommen. Es kommt natürlich auf den einzelnen Flughafen an, aber bei dem einen oder anderen sind die Kurse durchaus wieder auf dem Niveau vor Corona.

Das heißt, man hat in zwei Jahren vielleicht rasch so etwas wie 50 % Rendite machen können.

Und was können wir daraus lernen?

Zum einen kann man jetzt daraus lernen, Mensch, alles, was ich anfasse, wird zu Gold. Okay, das kann auch ein Lerneffekt sein. Das kann aber evtl. in Zukunft zu Problemen führen…

Wir können aber auch über das Thema Moat, den Burggraben nachdenken und überlegen, na ja, wo ein Flughafen ist, gibt es selten einen zweiten. Frankfurt und Frankfurt-Hahn und solche Sachen, da gibt es natürlich immer mehr. Aber tendenziell sind Flughäfen natürlich schon gut geschützte Infrastrukturen. Zumindest auch auf der Zeitskala, die wir hier betrachten wollten.

Auf der anderen Seite können wir sagen, die Gewohnheiten der Menschen ändern sich nicht so schnell.

Man reist weiter. Solch eine Pandemie alleine reicht nicht aus, dass die Leute nicht mehr reisen wollen. Egal, was man über Homeoffice, Remote-Meetings und was auch immer sagen kann, offensichtlich reisen wir weiter.

Das wichtigste aber finde ich, das ist ein hervorragender Beweis dafür, auch der Börsenkurse finanziell gesunder Unternehmen wird manchmal unverschuldet in die Tiefe gezogen. Ohne dass es wirklich einen fundamentalen Grund dafür gibt.

Klar, die Umsätze brachen ein. Das war im März 2020 klar. Dass das nicht das Ende der Welt ist, aber hoffentlich auch. Und wenn wir nicht davon ausgehen, dass ein Flughafen dadurch pleitegeht, weil er grundsätzlich gesund ist und das auch finanziell ein, zwei Jahre durchhält, dann können wir was lernen.

Die Gewohnheiten bleiben, durch Corona brechen die Umsätze ein, in zwei Jahren geht es wieder aufwärts.

Das Thema Burggraben hat offensichtlich seine Daseinsberechtigung und solche Ereignisse sind vielleicht gute Investitionsmöglichkeiten.

Meta: kaufen oder nicht kaufen?

Als drittes Beispiel eins, das mehr in die Zukunft blickt.

Schauen wir uns Meta (ehemals Facebook) an, dann könnten wir heute eine Hypothese aufstellen:

Aktuell sehen wir einen Umsatzrückgang.

Aber aufgrund der Shorts auf YouTube, der Reels auf Instagram und der KI-Werbung und der KI-Timeline, auf die Facebook immer mehr aufspringt, könnten wir erwarten, dass wir mittel- bis langfristig auch im Werbebereich ein Umsatzwachstum sehen werden.

Wir könnten die Hypothese aufstellen, dass durch RealityLabs, egal wie viel Meta in das Metaverse investiert, Zuckerberg nie den Gewinn des Unternehmens komplett gefährden wird.

Aber wir können auch in die andere Richtung denken:

Facebook ist gerade komplett in die falsche Richtung unterwegs. Das ganze Metaverse ist eine Schnapsidee und der Laden wird pleitegehen.

Das sind völlig unterschiedliche Hypothesen, aber wir könnten jetzt die Erwartung aufstellen und dann einfach mal sagen, in ein, zwei Jahren schauen wir mal.

Ich weiß nicht, welche richtig ist, aber heute irgendwie das Unternehmen anschauen, überlegen, was erwarte ich aufgrund meiner Entscheidung, denn je nachdem, welche Hypothese wir hier aufstellen, ist es entweder, wir kaufen Meta, weil wir daran glauben, oder wir kaufen Meta nicht, weil wir nicht daran glauben.

Sobald wir darüber nachdenken, treffen wir eine Entscheidung!

Auch abwarten und nicht kaufen ist eine Entscheidung.

Und dann schauen wir uns das in ein, zwei Jahren an. Und dann ist nun mal der wichtige Punkt nicht nur, hätte, hätte ich damals mal, sondern was kann ich daraus lernen?

Ich lerne jedes Mal etwas

Das Thema gefällt mir wirklich gut, weil machen wir uns nix vor: Jedes Mal, wenn ich in meine Entscheidung reinschaue, stelle ich fest, dass ich mit Sicherheit etwas anders erwartet habe, als es hinterher eintrat.

Du darfst im Übrigen gerne mal raten, ob und wenn ja, bei welchen der drei Beispiele ich in irgendeiner Form involviert war.

Meine Finanzen, meine Entscheidung,

Dein Mitch.


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